Die Vermeidung von existenzbedrohenden Risiken hat für jeden Unternehmer oberste Priorität. Welche Risiken sind in Zeiten von Globalisierung, disruptiven Innovationen und politischen Unwägbarkeiten zu managen? Warum ist in allen Unternehmen ein kontinuierliches Risikomanagement erforderlich? Welchen Beitrag leistet ein professionelles Controlling zur Risikofrüherkennung?
Erfassung, Klassifizierung und Quantifizierung von Risiken
In der Wirtschafts- und Finanzkrise waren viele Unternehmer nicht nur betroffen von den Auswirkungen äußerer Faktoren auf ihr Unternehmen, sondern auch alarmiert durch das Fehlen interner Steuerungsinstrumente. Auf die Entwicklungen wurde häufig nur passiv reagiert.
Nach der Krise und in Zeiten des nun schon seit Jahren anhaltenden Konjunkturhochs liegen u.U. ausgearbeitete Strategien zum Risikomanagement in der Schublade. Sie werden aber oft nur zögerlich oder gar nicht umgesetzt.
Die Erfassung, Klassifizierung und Quantifizierung von Risiken nach verschiedenen Risikofeldern ist eine große Herausforderung! Immerhin geht es um die schwierige Analyse von Risiken aus z.B.:
- Politik
- Markt
- Finanzwirtschaft
- Technologie
- Personal, Organisation und Wissen
Risikomanagement – unbequem, aber eine Notwendigkeit
Einer der Gründe dafür, warum Risikomanagement in der Praxis als so unbequem empfunden wird, liegt in der gewaltigen Wirkkraft der Psychologie: Menschen befassen sich von Natur aus einfach nicht gerne mit Risiken. Risiken bedeuten Bedrohung. Und Bedrohung ist unangenehm. Ein natürlicher Mechanismus sorgt dafür, dass Unangenehmes gemieden oder verdrängt wird. Wenn dann im Unternehmen auch noch Know-how fehlt, wie sich Risiken sinnvoll erkennen, erfassen und bewerten lassen, bleibt das Thema Risikomanagement schnell auf der Strecke. Hinzu kommt, dass es sehr viel angenehmer ist, sich mit Anreizsystemen und Aussichten auf Belohnung – Rendite, Gewinne, Boni etc. – zu beschäftigen. Da gerät die Notwendigkeit, Risikomanagement als festen Bestandteil in unternehmerische Entscheidungsprozesse zu integrieren, leicht aus dem Fokus der Aufmerksamkeit.
Risiken ausblenden oder sogar „voll auf Risiko“ setzen – das widerspricht jedoch jedem unternehmerisch sinnvollen Handeln.
Darüber hinaus wird ein unternehmerisches Risikomanagement vom Gesetzgeber gefordert:
- In Bezug auf Unternehmensrisiken sind in Deutschland Aktiengesellschaften nach 91 II AktG und dem Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) gesetzlich zur Risikofrüherkennung, einem Teilbereich des Risikomanagements, verpflichtet, um den Erhalt des eigenen Unternehmens sicherzustellen.
- Dies gilt auch für andere Unternehmensformen und -größen und insbesondere für GmbH (§ 43 I und II GmbHG – wobei § 43 II in Bezug auf das Risikomanagement so ausgelegt wird, dass der GmbH-Geschäftsführer die ausgewiesenen Pflichten des § 91 II AktG erfüllen muss.)
- International finden sich ähnliche rechtliche Anforderungen beispielsweise im Sarbanes-Oxley Act, einer Rechnungslegungsvorschrift für Unternehmen, die an US-Börsen gelistet sind. Risikomanagement ist eine Komponente des im Sarbanes-Oxley Act geforderten internen Kontrollsystems (IKS).
- Mit Veröffentlichung des Bilanzmodernisierungsgesetz (BilMOG) im Mai 2009 ist zudem deutschen Aufsichtsräten die Überwachung der Finanzberichterstattung, der Abschlussprüfung und der Kontrollsysteme vorgeschrieben. Aus dem BilMOG leitet sich zwar kein Zwang zur Einführung eines IKS oder eines Risikomanagements ab, allerdings muss von allen kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften und deren gleichgestellten Personengesellschaften nach § 246a Abs. 1 HGB offen gelegt werden, wenn keine Systematiken zur Risikofrüherkennung existieren.
- 15a (1) der deutschen Insolvenzordnung schreibt Kapitalgesellschaften eine Prüfung der Zahlungsfähigkeit zwingend vor:
„Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Insolvenzantrag zu stellen …“
Um haftungs-, straf- und zivilrechtlichen Konsequenzen einer Insolvenzverschleppung bzw. eines Eingehungsbetrugs zu begegnen, ist gleichermaßen für Einzelunternehmer und Geschäftsleiter von Personengesellschaften ein kontinuierliches Risikomanagement erforderlich.
Risikomanagement – unbequem, aber eine große Chance
Unter Risikomanagement ist die kontinuierliche, systematische Erfassung und Bewertung von Risiken sowie die Steuerung von Reaktionen auf festgestellte Risiken zu verstehen. Risikomanagement umfasst somit drei wesentliche Eckpfeiler:
- Risiken frühzeitig erkennen
- Risiken bewerten
- Risiken bewältigen
Besonders diejenigen Gefahren, die für das Unternehmen existenzbedrohend sind, müssen frühzeitig erkannt und beseitigt werden.
Schritte zur Verzahnung von Risikomanagement und Controlling
Nur durch ein professionelles Controlling (insbesondere regelmäßige Liquiditätsvorschau durch eine kontinuierliche Aktualisierung der Ertrags- und Liquiditätsplanung) als Bestandteil eines umfassenden Risikomanagements kann die Geschäftsführung die geforderte ständige Überwachung der Zahlungsfähigkeit nachweisen und dem persönlichen Haftungsrisiko begegnen.
Über die Autorin
Doris Andresen ist Inhaberin der „planvoll controllingberatung“ und spezialisiert auf die Beratung von mittelständischen Unternehmen in Phasen von Gründung, Wachstum oder Krise. Sie bietet seit 18 Jahren betriebswirtschaftliche Analysen, kaufmännisches Coaching, Externes Controlling sowie die Einführung und Schulung professioneller Controlling-Software. Doris Andresen-Zöphel ist als Beraterin akkreditiert und zugelassen zum Förderprogramm „Förderung unternehmerischen Know-hows für kleine und mittlere Unternehmen sowie Freie Berufe durch Unternehmensberatung“ des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).